Das „andere Österreich“ – zwischen den letzten hügeligen Ausläufern der Alpen, dem Neusiedler See mit seinen weitläufigen Schilfgürteln und der pannonischen Tiefebene, einer der seltenen europäischen Steppenlandschaften, bietet ein weites Feld mit viel Wein, Kulturlandschaft und See. Wo der Alpenbogen in die ungarische Tiefebene ausläuft, eröffnen sich für Genussradler Touren von ganz anderem Charakter als in den Gebirgsregionen. Der Kirschblütenradweg, Teil des Neusiedler See Radwegs B 10 am nördlichen Teil des Steppensees bietet mit 43 Kilometern Strecke und 230 zu bewältigenden Höhenmetern ganzjährig ein beeindruckendes Naturschauspiel insbesondere jetzt zur Zeit der Kirschblüte.
Das Burgenland, der Bevölkerung nach das kleinste Bundesland Österreichs, ist ein Rad-Land par Excellence, warm, sonnig und von klarer Luft und weiten Blicken geprägt. Offiziell ist es „Die Sonnenseite Österreichs“. Und eben flach, steile Anstiege gehören hier zu den Seltenheiten und sind dann auch nicht sonderlich lang. Lediglich der fast stetig wehende Wind setzt dem ambitionierten Radtouristen ein wenig zu und erinnert so daran, dass auch hier die Panoramablicke und Rastplätze erst einmal per eigener Muskelkraft, ob mit motorischer Unterstützung oder ohne, „erradelt“ werden müssen.
Tourencharakter
Die abwechslungsreiche Strecke an den Südhängen des Leithagebirges, des östlichsten Ausläufers des Alpenbogens, führt durch charmante Dörfer mit historischen Kellergassen und bunten Hoftoren und stets mit eindrucksvollen Ausblicken auf den Neusiedler See. Der Rundweg führt durch die Ortschaften Jois, Breitenbrunn, Purbach und Donnerskirchen und enthält einen flachen Streckenteil (ohne Seeblick) und einen etwas bergigeren mit Seeblick und kurzen Anstiegen. Die in Jahrhunderten organisch gewachsene Kulturlandschaft hat einen beruhigenden und ausgleichenden Einfluss auf das Gemüt, Unrast und Hektik verfliegen schnell, während die Pedale sich in einem homogenen Rhythmus beständig drehen.
Vor dem Losfahren ist es empfehlenswert, sich über die je herrschenden Windverhältnisse zu informieren, denn der Wind bläst meist spürbar am Neusiedler See, mal als willkommener Anschieber, mal als zäher Widersacher.
Die Tour führt durch malerische Dörfer mit Kellergassen, vorbei an Weingärten, Hutweiden und tausenden Kirschbäumen - die je nach Witterung - von Anfang bis Mitte April die Region in ein einziges Blütenmeer verwandeln. Gleichzeitig mit dem Blühen der Kirschenbäume, die dieser Region auch den Namen geben, tauchen gelbe Adonisröschen, dunkelviolette Kuhschellen, rosa und weißer Rittersporn, violette Traubenhyazinthen sowie gelbe und violette Zwergschwertlilien auf und verwandeln den Trockenrasen auf den Südhängen des Leithagebirges in ein buntes Blumenmeer. Zahlreiche Schautafeln informieren über kulturelle und landschaftliche Besonderheiten. Empfehlenswert ist auch eine Rast in einem der 5 Kirschsortengärten. Mehr als 40 verschiedene veredelte Produkte der kleinen roten Früchte werden in den Genussshops und Gasthäusern zum Verkauf angeboten.
Genussradler schätzen kulinarische Stopps bei den vielen Wirten und Heurigen in der Region, die je nach Saison regionale, köstliche Speisen und erlesene Leithaberg-Weine anbieten. Auf den Speisekarten der Gastronomiebetriebe der Region sind neben den traditionellen Süßspeisen wie Kirschkuchen, Kirschenpalatschinken oder Kirschstrudel auch innovative Kreationen wie Kirschen im Prosciutto-Päckchen, Schafkäse auf Kirsch-Erdbeer-Paradeiser-Ragout oder Entenbrust mit Kirsch-Thymian-Vinaigrette zu finden. Und wer lieber seine eigene Kirsch-Köstlichkeit kreiert, für den werden an den Straßenecken prall gefüllte Körbe zum Verkauf angeboten.
Die Kirschblüte, ein Fest für Augen und Seele
Ein besonderes Highlight ist der Kirschblütenradweg im Frühling. Von Anfang bis Mitte April verwandeln die blühenden Kirschbäume die ganze Region in ein einziges Blütenmeer und machen so die Fahrradtour zu einem unvergleichlichen Erlebnis. Doch auch im Juni, wenn die Kirschen dann reif sind, zahlt sich eine Tour am Kirschblütenradweg aus. An fast jeder Straßenecke werden prall gefüllte Körbe mit den roten Früchten zum Verkauf angeboten.
Der Kirschblütenradweg im Herbst
Im Herbst rückt die Kirsche ein wenig in den Hintergrund des Interesses und macht einem anderen Obst Platz: der Weintraube. Geführte Weintouren und -verkostungen in den Weingärten direkt am Kirschblütenradweg stehen dann auf dem Programm.
Wenn die Weintrauben reif sind kann die Arbeit der Winzer beobachtet werden. Geführte Weintouren und – Verkostungen stehen dann auf dem Programm des Veranstaltungsreigens im Welterbe Naturpark Neusiedler See – Leithagebirge.
Im Herbst wechselt der Neusiedler See sein Erscheinungsbild. Der Wasserstand ist noch niedriger als im Frühjahr, die Blätter und Reben verfärben sich zu einem Mix aus rot, goldgelb und grün, und zahllose Zugvögel machen auf ihrem Weg in die Winterquartiere Station, zusätzlich zu den ebenfalls zahlreichen im Gebiet des Nationalparks Neusiedler-See-Seewinkel ganzjährig vorkommenden Vogelarten.
Eine Auswahl weiterer Radfernwege in der Region:
Neusiedler See Rundweg B 10
Das UNESCO Weltkulturerbe Neusiedlersee auf 113 flachen aber meist windreichen Kilometern erfahren. 41,5 Kilometer liegen auf ungarischem Staatsgebiet, inklusive weniger Steilabschnitte. Viele Gelegenheiten zum Baden und Einkehren, insbesondere auf österreichischer Seite. Mehrere Fährverbindungen über den See ermöglichen Abkürzungen und Variationen. Die ganze Tour dauert gut 10 Stunden. Ein tolles Erlebnis und sehr zu empfehlen ist ein Besuch des Nationalpark- und Bildungs-Zentrum in Illmitz. Interaktive Ausstellungen vermitteln wertvolle Informationen zu den unterschiedlichen Lebensräumen im Nationalpark, so etwa mehrere Schilfinseln mit zahlreichen naturgetreuen Präparaten und einprägsamen Schrifttafeln.
Sonnenland Radweg B 45
In den Ausläufern der Alpen, der Buckligen Welt und dem Rosaliengebige, im Land des Blaufränkischen bieten sich auf einer Runde von 160 Kilometern und 1.000 Höhenmetern viele Einkehrmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten des mittleren Burgenlandes südlich des Neusiedler Sees. Insgesamt ist man zwölf Stunden reiner Fahrzeit unterwegs, die Tour kann auch gut in Tagesetappen je nach Lust und Kondition aufgeteilt werden. Körperliche Fitness ist auf alle Fälle gefragt.
Windradweg B 29
Steppenland ist gleich Windland. Wo die Sonne an 300 Tagen im Jahr scheint und keine Berge die Luftbewegung behindert, da gibt es Wind satt. Und Windkraftanlagen. Die „Riesenspargel“ en masse sind ein ganz eigenes Erlebnis der Parndorfer Platte nördlich des Neusiedler Sees. Die Strecke von 50 Kilometern bei nur 135 Höhenmetern garantiert eine Qualitäts-Auszeit vom Alltag.
Text: Werner Köstle/Burgenland Tourismus
Bilder: Tourismusverband Burgenland/Peter Podpera, Tommi Schmid, Tourismusverband Neusiedler See
Bilder Slider: Archiv Nationalpark Neusiedler See Seewinkel/Dr. M. Kuttner, Sebastian Freiler