Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM) jährlich einen der über 10 000 in Europa heimischen Großpilze zum Pilz des Jahres. Einerseits geht es bei dieser Wahl natürlich um die jeweils gekürte Art selbst, insbesondere wenn diese eher selten anzutreffen ist, andererseits steht jeder „Jahrespilz“ exemplarisch für die Pilze und ihre ökologische Bedeutung insgesamt. Mit der Wahl soll die Öffentlichkeit für die Natur und die Pilze und deren Gefährdung sensibilisiert werden.
Der Pilz des Jahres 2025 sieht nicht aus wie sich der Laie einen Pilz vorstellt. Aber Pilze sind eben vielgestaltig und manche von ihnen muten an als ob sie sich aus einem Korallenriff entfernt und in Wald und Wiese niedergelassen haben. Clavaria Zollingeri hat nicht nur nicht die übliche Struktur mit Stiel und Hut, sie sieht auch farblich eher fremdartig aus, etwa wie Rotkohl aus dem Glas. Ebenso wenig wie der Pilz eine deutlich gegliederte Gestalt aufweist, so fehlt ihm auch eine Lamellen, Röhren- oder Porenschicht, sondern die die Pollen tragenden Basidien (Ständer) besetzen die ganze Oberfläche der gegabelten Äste.
Seltenes „Urvieh“ und Zeigerpflanze
Die Wiesenkoralle ist auf allen Kontinenten der Erde heimisch, was darauf hindeutet, dass diese Art uralt ist, sie womöglich schon zu Zeiten Pangaeas existierte und bei der Aufspaltung des Urkontinents einfach mit den Teilen, die die rezenten Erdteile bildeten, mitgewandert ist.
Darüber hinaus ist diese Art sehr selten, in Deutschland gibt es nur etwa vierzig Standorte. Was darin gründet, dass sie fast ausschließlich auf nährstoffarmen Wiesen ansässig ist. Wo gedüngt wird, fehlt die Art, weshalb sie einen Anhalt gibt, wie es um den jeweiligen Standort, bezogen auf exogene Nährstoffeinträge, bestellt ist.
Die amethystfarbene Wiesenkoralle aus der Familie der Keulchenverwandten (Clavariaceae) ist eng verwandt mit ähnlichen Keulenarten, von denen sie bisweilen sicher nur durch mikroskopische Bestimmung abgegrenzt werden kann sowie mit Saftlingen, kleinen, meist kegelhütigen Wiesenpilzen mit lebhaften Farben, die ebenso wie Clavaria Zollingeri in Symbiose mit den Wiesenpflanzen des Habitats leben.
Über den Speisewert des Pilzes ist nichts bekannt, aber seine Seltenheit sowie Kleinheit und Fragilität verbieten ein Sammeln ohnehin.
Text: Werner Köstle
Bilder: Aufmacher: Peter Karasch, NP Bayerischer Wald
Textbild: Creative Commons CC BY-SA, Dan Molter, Mushroom Observer, Bild Nr. 90973